Kommentar
01.12.2024 / Es war eine aus dem Munde des ukrainischen Präsidenten Selenskyj überraschende Botschaft: Die Ukraine könnte einem Waffenstillstand mit Russland zustimmen, wenn die Nato ihren Schutz auf die von Kiew beherrschten Teile des Landes ausdehne, hatte Selenskyj im britischen TV-Sender Sky-News gesagt.
Die Reaktion eines überwiegenden Teils der Medien war in Teilen euphorisch. Sofort wurde auch seitens öffentlich-rechtlicher Sender von einem plötzlichen „Kompromiss“ des ukrainischen Präsidenten berichtet. Er wolle auf die von Russland besetzten Gebiete verzichten, wenn denn der verbliebene Teil der Ukraine der Nato beitrete.
Dass diese Berichterstattung eine reine – und falsche – Auslegung von Fakten und Aussagen war, wurde am heutigen Sonntag deutlich. Selenskyj machte unmissverständlich klar, dass es einen Nato-Beitritt für sein Land ohne die russisch besetzten Gebiete nicht geben werde.
Was meinte Selenskyj also? Widersprach er sich selbst? Nein. Gegenüber Sky sprach Selenskyj lediglich von der Option einer teilweisen Nato-Mitgliedschaft mit dem Ziel einer Waffenruhe für Verhandlungen mit Russland. Eine Abtretung oder gar Aufgabe der russisch besetzten Gebiete der Ukraine war damit nicht gemeint.
Die Idee Selenskyjs wäre eine mögliche „Position der Stärke“, die von westlichen Politikern und Regierungen nur allzu oft ins Gespräch gebracht, aber stets mit militärischer Überlegenheit in Verbindung gebracht wird. Immerhin, Selenskyj denkt auch an Diplomatie.
Dass eine sich im Krieg befindliche Ukraine der Nato beitritt, ist allerdings ausgeschlossen. Daher wäre es dringend an der Zeit für Verhandlungen. Denn auch das Ziel Neutralität mit Sicherheitsgarantien kann ein Zeichen von Überlegenheit und gesundem Menschenverstand sein. (Bild: Sky News)