21.09.2024 / Bei Spotify gibt es immer mehr Opfer sogenannter Fakestreams. Das zeigen Recherchen von Radio BW Baden-Württemberg und dem Medien- und Musikdienstleister Brainsquad. Das Vorgehen: Unbekannte erhöhen künstlich die Streamingzahlen eines Songs. Spotify reagiert mit der Sperrung – zum Nachteil der ahnungslosen Künstler und Labels.
Streamingzahlen bei Spotify entscheiden über Erfolg oder Misserfolg eines Musiktitels. Klicks zeigen die Beliebtheit eines Songs bei Usern und Fans und bringen – wenn auch meist geringen – Erlös. Dubiose Dienstleister haben jetzt einen neuen, zweifelhaften Markt aufgetan: Sie schicken auf einen Titel künstlich erzeugte Klicks und damit falsche Hörer.
Das System Spotify erkennt solche Manipulationen. Doch anstatt die Ursache anzugehen, werden betroffene Titel aufgrund nachgewiesener Manipulation gesperrt und sind fortan nicht mehr beim Streamingportal vertreten. Ein Widerspruch ist kompliziert, denn das Unternehmen sieht die Schuld erst einmal beim Betroffenen selbst. Entweder dem Künstler oder dem Label wird unterstellt, Verursacher zu sein. Diese sind in der Pflicht, den Gegenbeweis zu liefern.
Schädigung von Mitbewerbern
Genau das kritisiert der Musik- und Medienproduzent Florian Glötzl von Brainsquad in Waldkirchen. Und er warnt gleichzeitig: „Wenn jemand Geld übrig hat und einem Mitbewerber schaden möchte, der vielleicht in einer Playlist oder auf einem Partysampler zu weit oben steht, beauftragt er einfach einen entsprechenden Fakestream-Dienstleister“, so Glötzl gegenüber Radio BW Baden-Württemberg.
Neben den Folgen der Löschung des Songs, die allein schon ruf- und erfolgsschädigend sind, gibt es bereits Fälle von Erpressung durch Fakestreams, berichtet Florian Glötzl aus eigener Erfahrung weiter.
Die dubiosen Dienstleister sitzen, nach Angaben des IT-Spezialisten, in Ländern außerhalb der EU. Schnell sei dort solch ein Bot-Net aufgebaut, sagt Glötzl und fügt an: „Offenbar ist der Markt für Fakestreams ein lukratives Geschäft.“ Die Kriminellen ausfindig zu machen, sei praktisch unmöglich.
Konzentration aufs Wesentliche
Betroffenen Künstlerinnen und Künstlern rät Glötzl, selbstbewusst gegenüber dem Label oder dem jeweiligen Distributor aufzutreten, denn es gelte zunächst der Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“. Darüber hinaus sollten Musiker und Labels nicht nur auf Spotify setzen, sondern die übrigen „Big-Five“ der Streamingdienste berücksichtigen.
„Auch YouTube sollte man als Werbeplattform für seine Musik nicht vergessen, um Präsenz und Performance zu beweisen.“ Aktivitäten auf Social Media sollten sich, nach den Worten des IT-Experten, auf das Eigentliche konzentrieren: „Mehr Musik und Gesang, weniger Smalltalk und Food“, so Glötzl augenzwinkernd.
Wichtig sei zudem Offline-Marketing, beispielsweise durch Visitenkarten, die in der Region verteilt werden, oder Autogrammkarten mit QR-Code, der zur eigenen Homepage führt. Fans sollten stets mit eingebunden werden. Zu guter Letzt weist Florian Glötzl auch auf Radio-Interviews und Online-Magazine hin. „Dankbar sein und das mitnehmen, was einem angeboten wird, denn Spotify ist nicht alles.“
Der Radiobeitrag vom 22.09.2024 zum Nachhören auf YouTube >>>