[30.07.2023 – TV-Kritik] Andy Borg hat am Samstagabend aus seinem „Schlagerspaß“ kurzerhand einen „Sommerspaß“ gemacht und die bekannte Weinstube des SWR-Studios in die „Immer wieder sonntags“-Arena in den Europa Park Rust und damit unter freien Himmel verlegt. Es war angerichtet, und im Grunde konnte nichts schief gehen. Blieb‘ nur das Regenrisiko. Doch auch das hatten Andy Borg und seine Gäste fest im Griff.

Aus einer Studioproduktion ohne anwesendes Publikum eine Open-Air-Veranstaltung zu machen, die zeitgleich zur Primetime auch noch live in zwei Sendern (SWR und MDR) ausgestrahlt wird, ist wahrlich kein einfaches Unterfangen. Es gehört eine gehörige Portion Mut dazu. Technik und Logistik sind nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist das Wetter, das eine mindestens ebenso wichtige – und leider nicht vorhersehbare – Rolle spielt.

Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, setzte der SWR auf sein derzeit quotenstärkstes Unterhaltungspferd: Andy Borg. Zu Recht, denn Borg, showerfahren und liveerprobt, war und ist eben keine Unwägbarkeit, sondern eine zuverlässige Größe. Vielleicht die Einzige, abgesehen von der illustren Gästeschar, die sich am Samstagabend zur besten Sendezeit ein buntes Stelldichein gab.
Und, nicht zu vergessen, die Kulisse, die in wunderbarer Weise „an die frische Luft befördert“ worden war und sich überlegt in die bestehenden Bauten von IWS einfügte. Kompliment an die Verantwortlichen.
Meisterlich locker
Welche Bedeutung das beliebte Format für den SWR und Kimmig-Entertainment in eben diesem ungewohnten Format hatte, zeigte sich in der Werbung vorab: Andy Borg am Freitag in der „Landesschau“, dann am Samstag, kurz vor Showbeginn, in der Lokalnachrichten-Ausgabe mit Live-Schalte. Entertainment trifft auf Nachrichten. Oder umgekehrt. Fürwahr, eine Brücke, die in dieser Form selten und gewöhnungsbedürftig ist. Aber man wollte offenbar nichts dem Zufall überlassen.

Alles andere war gewohnt: Gewohnt unterhaltsam, gewohnt spritzig, gewohnt charmant. Für all diese Prädikate steht Andy Borg. Der schulterte die ihm auferlegten Ansprüche meisterlich locker. Das mag an einer gehörigen Portion Demut und einer gewissen Gelassenheit liegen, die Andy Borg nach 40 Jahren Bühnenkarriere an den Tag legt.

Aus Erfahrung unbeschwert
Im Gespräch mit Radio BW Baden-Württemberg sagte er vorab: „Ich sehe das Format als Zugabe meiner Karriere, da haben sich Dinge zusammengefügt, bei denen wir zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort waren.“ Inzwischen seien er, die Zuschauer, die Gäste und das Produktionsteam, zu einer Familie geworden.
Und dann fügt er überraschend an: „Das habe ich zu Anfang nicht gewollt, weil mir schon einmal das Herz herausgerissen wurde als man mich von der Stadlfamilie getrennt hat.“ Mit diesem Bewusstsein und der Akzeptanz von Dingen, die er selbst nicht beeinflussen kann, geht Borg zweifellos unbeschwert(er) in eine solche Sendung.
Ordnung in die Boulevardpresse
Die war ein voller Erfolg. Zu Gast waren beliebte Kolleginnen und Kollegen wie Semino Rossi, Fantasy, Rosanna Rocci, Ramon Roselly, Truck Stop, Die jungen Zillertaler, Sigrid und Marina, Luna Klee, und Chris Andrews. Stefan Mross, üblicherweise Gastgeber in der Arena mit „Immer wieder sonntags“, unterstütze seinen Freund Andy Borg. Beide beteuerten ihre Kollegialität – im Grunde völlig unnötig. Doch offenbar musste man Ordnung in die Berichterstattung der einschlägigen Boulevardpresse bringen. Sei’s drum.

Selbst der britische Sänger und Songwriter Ray Dorset aka Mungo Jerry gab sich die Ehre und seinen Mega-Hit „In the Summertime“ zum Besten.
Apropos „Summertime“. Gut, dass Mungo Jerry daran erinnerte. Denn der Himmel über der IWS-Arena zeigte sich nicht wirklich sommerlich. Während der Show wurden im Publikum öfters die Regencapes übergezogen, und die Gäste rückten ein Stück weiter unter die bedachte Bühne. Als Andy Borg zum Duett mit Truck Stop Frontmann Andreas Cisek den Schirm aufspannen musste, sagte er verschmitzt „Es ist das erste Mal, dass ich mit einem Mann gemeinsam unter einem Schirm ein Lied singe.“

Genau diese spontanen Momente machen nicht nur eine Livesendung zu echter Unterhaltung, sie sind die perfekte Vorlage für einen Entertainer wie Andy Borg. Der „Sommerspaß“ war nach Angaben des SWR eine einmalige Sache. Schon bald kehrt die Weinstube ohne Publikum zurück ins Studio. Betrachten wir es einfach demütig. (Bilder: Radio BW)
Marc Fischer, Programmleitung Radio BW
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